Land Hadeln | Hallen- und Freibad Wingst

Worum geht es: Es geht um die Ertüchtigung und Attraktivierung des in der Trägerschaft der Samtgemeinde stehenden Hallen- und Freibad in der Wingst. Oder wie der Verfasser in einem erneuten Leserbrief dazu titelt: „Unter finanziellen Aspekten habe das Wingster Bad keine Zukunft“

Verehrte Bürgerinnen und Bürger,

eigentlich gibt es einen Grundsatz für hauptamtliche Bürgermeister, nämlich nicht auf Leserbriefe zu reagieren.
In Zeiten, in denen Meinungsfreiheit, Partizipation und der Gedankenaustausch über soziale Netzwerke ein hohes Gut darstellen, soll man kritische und bisweilen in Ton und Stil unangemessene Leserbriefe, wie es so schön heißt, „aushalten“.

Wenn jedoch Ansichten zu kommunalpolitischen Themen per Leserbrief in der Lokalzeitung veröffentlicht werden, die den Korridor des achtungsvollen Umgangs verlassen, die in einer durch Halbwahrheiten reduzierten Darstellung der Fakten Spekulationen und Gerüchten Tür und Tor öffnen,  dann ist es durchaus nicht unangemessen, von dem vorgenannten Grundsatz des „Aushaltenmüssens“ abzuweichen! Die Darlegungen sind in diesem Fall jedoch Grenzen überschreitend, sie sollen nicht nur den Volksvertretern kritisch auf die Finger schauen, sondern durch diskreditierende und angeblich kompromittierende Fiktionen eine allgemeine Politikverdrossenheit fördern und Misstrauen in rechtsstaatliche und kommunalpolitische Prozesse schüren. Nicht Vertrauen geben, sondern eben „Miß-trauen“ säen. Eine solche Streitkultur ist in jüngerer Zeit nur zu gut aus den USA bekannt.

Worum geht es: Es geht um die Ertüchtigung und Attraktivierung des in der Trägerschaft der Samtgemeinde stehenden Hallen- und Freibades in der Wingst. Oder wie der Verfasser in einem erneuten Leserbrief dazu titelt: „Unter finanziellen Aspekten habe das Wingster Bad keine Zukunft“

Zum Sachverhalt: Wegen der Finanzschwäche der ehemaligen Samtgemeinde Am Dobrock bildete sich über Jahre ein Sanierungs- und Unterhaltungsstau im Hallen- und Freibad Wingst. Nunmehr wurde ein Sanierungskonzept für das jährlich von 30.000 bis 50.000 Besuchern genutzte Bad erarbeitet und Fördermittel beantragt. Es gibt eine Förderzusage des Bundes über 1,3 Mio Euro. Die Haushaltsmittel sind eingeplant, die Kommunalaufsicht hat den Haushalt genehmigt. Der Samtgemeinderat möchte vor der Durchführung der Investitionsmaßnahme noch einmal eine grundsätzliche politische Diskussion über die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Bades unter verschiedenen Aspekten führen. Eigentlich also eine klassische und verantwortungsbewusste Herangehensweise des Rates an ein solches Projekt. Ein Beschluss ist noch nicht gefasst.

Nun jedoch werden von dem sich in der Rolle eines selbstgerechten Kritikers gefallenden Leserbriefschreiber Mutmaßungen zur Zukunft des Wingster Bades angestellt, die so nicht stehen bleiben sollten, weil die Argumentation zunächst allein auf die Wirtschaftlichkeit abstellt. Kommunale Bäder können aber nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden, dann hätte kein Bad Bestand. Kommunale Bäder sind Einrichtungen der Daseinsvorsorge! Sie sollen als Standortfaktor den Bürgerinnen und Bürgern und den Gästen Lebensqualität bieten, den Wohnwert der Kommune erhöhen, dem Sport, den Vereinen, der körperlichen Ertüchtigung und dem Wohlbefinden dienen. Sie sind durchweg sogenannte „Zuschussbetriebe“, d.h. die Einnahmen reichen durchweg nicht aus, um die Kosten zu decken. Es geht dabei gleichwohl um eine möglichst  wirtschaftliche Betriebsführung und Organisation, damit die Zuschussbeträge so gering als möglich gehalten werden. Neben der bloßen Wirtschaftlichkeit ist aber auch zu prüfen und zu analysieren, welchen Nutzwert die Bäder in der Wingst und Otterndorf für unsere Bürgerinnen und Bürgern und für die touristischen Gäste haben. Dabei ist von Belang: Was bedeuten die Schwimmbäder für die Campingplätze, unsere Jugendherbergen, unsere Hotels? Immerhin generieren wir in der Samtgemeinde jährlich insgesamt über 700.000 Übernachtungen.

Und deshalb hat der Rat der Samtgemeinde Land Hadeln um Entscheidungskriterien gebeten, die durch ein renommiertes Institut, die „DWIF“ gemeinsam mit der Verwaltung erarbeitet werden sollen.

Unter rein wirtschaftlichen Aspekten brauchen wir die Bäder nicht, weil kommunale Bäder nun mal nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Wäre eine positive Ertragslage das einzige Kriterium für den Nutzwert, müsste die daraus resultierende Folge unter rein wirtschaftlichen Aspekten die Schließung der Bäder sein! So könnten die Otterndorfer Bürgerinnen und Bürger die Schwimm- und Saunaangebote in Cuxhaven nutzen, dort gibt es schließlich 5 öffentliche Schwimmbäder, unsere Bürgerinnen und Bürger aus dem Sietland besuchen die benachbarte Moortherme in Bad Bederkesa und die Dobrocker Bürgerinnen und Bürger könnten in den Hallenbädern in den benachbarten Samtgemeinden  Lamstedt oder Hemmoor schwimmen. Insoweit bräuchten wir keine Schwimmbäder in der Samtgemeinde Land Hadeln. Wir könnten im Haushalt rund 600.000 Euro pro Jahr als bisher aufzuwendenden Zuschussbetrag einsparen. Es würden allerdings auch etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Damit Sie einen Vergleich haben: der jährliche Zuschuss-bedarf für unsere Kindergärten beträgt rd. 4.400.000 Euro pro Jahr und der jährliche Zuschussbetrag für unsere sieben Grundschulen rd. 1.800.000 Euro. Der jährliche Zuschussbedarf für beide Bäder in der Wingst und Otterndorf beträgt also etwa 1/10 des jährlichen Zuschussbetrages für die Kindertagesstätten und Grundschulen. Würde das Moorinformationszentrum in Wanna auf den Prüfstand gestellt werden, hier beträgt der Zuschussbedarf pro Jahr fast 300.000 Euro, es könnte auch dieser Betrag eingespart werden. Oder die Bibliothek in Otterndorf, da würde die Samtgemeinde rd. 100.000 Euro als Zuschussbetrag einsparen können. All das sind sogenannte freiwillige Leistungen! Aber der Otterndorfer Leserbriefschreiber konzentriert sich auf die Schließung des Wingster Bades wegen der negativen Ertragslage. Ich finde, wenn ein Otterndorfer Bürger meint, per Leserbrief verkünden zu müssen, das Wingster Schwimmbad hätte aus wirtschaftlichen Gründen keine Zukunft, dann sollten wir erst einmal prüfen, ob und welche Möglichkeiten es gibt, das Schwimmbad zu erhalten.

Es braucht also noch weitere Aspekte. Das weiß der Leserbriefschreiber. Und nun ist er sich nicht zu schade, öffentlich ein unredliches Gedankenspiel zur Diskreditierung eines verantwortlichen Entscheidungsträgers zu inszenieren, indem er eine angebliche Verquickung von Mandat und Beruf darlegt. Und das ist auch der eigentliche Reaktion für meine Replik. Der Schreiber suggeriert nämlich, dass sich der Vorsitzende der Bäderbetriebsgesellschaft deshalb für den Bestand des Hallen- und Freibades einsetzen würde, weil er als Prokurist der Betreibergesellschaft der benachbarten Seniorenresidenz wirke und wirtschaftliche Vorteile durch die Nachbarschaft zum Bad ziehen könnte. Er weiß genau, die Tatbestandsmerkmale des Mitwirkungsverbots sind in der Kommunalverfassung genau definiert.. Er weiß auch, dass ein Mitwirkungsverbot eben nicht vorliegt. Aber man kann ja mal wider besseren Wissens Zweifel und angebliche Vorteilsnahme öffentlich verkünden, immer frei nach dem Motto, irgendetwas wird schon hängen bleiben. In Fragestellung gekleidet, bleibt es strafrechtlich sowieso nicht angreifbar. Der Leserbriefschreiber weiß als Kenner des Baurechts ebenfalls, dass es eigentlich sogar Nachteile sind, die der Nachbareigentümer durch das Bad dulden muss! Denn, was machen die Betreiber des Seniorenzentrums, wenn sich die Bewohner der Residenz über Lärm und Geschrei von jugendlichen Badegäste des angrenzenden Freibades beschweren, wenn Lärmgrenzen überschritten werden und kostenaufwendig Lärmschutzmaßnahmen an dem ehemaligen Hotel eingebaut werden müssen? Wäre es nicht vielmehr von Vorteil, wenn keine emittierenden Lärmbelastungen auf die Seniorenresidenz einwirken würden? Müssten die Nachbarn nicht vielmehr sogar ein Interesse daran haben, dass das Bad keinen Bestand hat und geschlossen wird?

Verehrte Bürgerinnen und Bürger! Wir versuchen hier mit Ihnen, mit den gewählten Räten und der Verwaltung unserer neuen Samtgemeinde, Struktur und Lebensqualität über öffentliche Einrichtungen zu geben. Wir haben nicht schwierige Gemeindefusionen durchgeführt, um Lebensqualität abzubauen. Wir wollen für die nachfolgenden Generationen Handlungsspielräume schaffen. Wir wollen unsere Einrichtungen der Daseinsvorsorge nach und nach in einen attraktiven und modernen Zustand versetzen. Wir haben in den letzten 10 Jahren durch die Gemeindefusionen Kassenkredite von rd. 28 Millionen Euro abgebaut und in ein Guthaben von derzeit rd. 6 Millionen Euro umgewandelt und dadurch finanzielle Handlungsspielräume geschaffen. Wir bauen zurzeit neue Kindergärten in Otterndorf und Cadenberge, die Turnhalle in Cadenberge wird ertüchtigt und die Grundschule in Otterndorf wird rundum erneuert und erweitert. In Bülkau wird ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut. Für fünf Mitgliedsgemeinden haben wir einen gemeinsamen Antrag auf Aufnahme in das Dorfentwicklungsprogramm gestellt, um auch in den Dörfern gedeihliche enkeltaugliche Entwicklungen zu generieren.

Politische Entscheidungsprozesse sind nie einfach und gerade in einer Demokratie mit vielen Debatten verbunden, um den richtigen Weg zu finden. Wenn ich mit diesen Zeilen eine sachliche Ebene verlassen haben sollte, bitte ich um Nachsicht. Ich möchte es in diesem Fall jedoch nicht hinnehmen, wenn durch Halbwahrheiten, kleine Lügen oder Verdrehungen die wichtige kommunalpolitische Arbeit unserer Mandatsträger herabgewürdigt wird. Wir haben uns schon an zu vieles gewöhnt, an einen rauen, bisweilen unverschämten Umgangston, an Anwürfe und Beleidigungen in sozialen Netzwerken, an eine Maßlosigkeit und Selbstgerechtigkeit in der Bewertung über unsere Mitmenschen! Wie sollen so junge Menschen für die Mandate bei den Kommunalwahlen im nächsten Jahr gewonnen werden, wenn sie befürchten müssen, Beleidigungen, Shitstorms und Anwürfen ausgesetzt zu werden. Irgendwann reicht es. Wie heißt es so schön: „Durch die Gasse der Vorurteile und Verleumdungen muss die Wahrheit ständig Spießruten laufen!“  
Lassen Sie uns bitte fair und respektvoll miteinander umgehen! Es sind sowieso besondere schwierige Zeiten. Bleiben Sie sachlich kritisch und gesund!

Ihr
Harald Zahrte


Ach ja, hier noch eine thematisch passende Erzählung über die
Die drei Siebe des Sokrates:
„Eines Tages näherte sich ein Bekannter dem Philosophen Sokrates.
„Weißt du, was ich gerade über einen deiner Freunde hörte?“, fragte er.
„Warte!“, sagte Sokrates. „Bevor du mir irgendetwas sagst, will ich mit dir einen kleinen Test machen. Ihn nenne ihn die drei Siebe.“
„Drei Siebe?“, fragte der Mann verwundert.
„Ja“, sagte Sokrates, „Lass uns sehen, ob das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe hindurchgeht:
Das erste Sieb ist die Wahrheit: Bist du dir wirklich sicher, dass das, was du mir erzählen willst, wahr ist?“
„Nein“, sagte der Mann, „ich habe es auch nur gehört und wollte es dir einfach weitergeben.“
„Okay“, sagte Sokrates. „Du weißt also nicht, ob es wirklich wahr ist. Lass uns sehen, ob es immerhin durch das zweite Sieb hindurchgeht, das der Güte. Ist das, was du mir über meinen Freund sagen willst, etwas Gutes?“
„Nein, im Gegenteil“, sagte zögernd der Mann, „es ist etwas ganz Schlechtes.“
„Also gut“, fuhr Sokrates fort, „du willst mir also etwas Schlechtes erzählen und du bist dir nicht mal sicher, ob es überhaupt wahr ist. Du kannst den Test trotzdem noch bestehen, denn es gibt noch ein drittes Sieb, das des Nutzens:
Ist das, was du mir über meinen Freund erzählen willst, für mich nützlich?“
„Nein, nicht wirklich“, gab der Mann kleinlaut zu.
„Also“, sagte lächelnd der Weise, „wenn es weder wahr, noch gut, noch nützlich ist, so lass es ruhig begraben sein und belaste dich und mich nicht damit.“

Otterndorf, 13.11.2020